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IT-Neuausrichtung und agile Arbeitsweise: So entstand bei BS Energy eine neue Lernkultur

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Autor(en): Christiane Pütter
IT-Chef Lars Nebert richtete die IT des Energieversorgers BS Energy komplett neu aus. Mit der neuen agilen Arbeitsweise hat es bei zwei Kollegen aus anderen Bereichen schon gefunkt: sie sind in Neberts Abteilung gewechselt.
Die BS Energy hat ihre IT neu ausgerichtet.
Foto: BS Energy

Der internationalisierte Name darf nicht täuschen: der heute mehrheitlich privatisierte Energie- und Wasserversorger BS Energy wurde 1851 als "Braunschweigische Gaserleuchtungsgesellschaft" gegründet. Als traditionell und konservativ bezeichnet Head of IT Lars Nebert auch die Unternehmenskultur - im Rückblick. Heute arbeitet die IT agil. Der Funke springt auf das gesamte Unternehmen über: zwei frühere Teamleiter aus Fachbereichen haben bereits bei Nebert angeheuert. Das Veränderungsprojekt brachte ihm eine Nominierung beim Digital Leader Award (DLA) ein.

Der Ausgangspunkt des IT-Entscheiders hatte nur bedingt mit Informationstechnologie zu tun. Nebert sah, dass seinem Unternehmen die Beweglichkeit und Innovationsstärke fehlten, um den "Spagat zwischen kommunaler Daseinsvorsorge und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen" zu schaffen.

Lars Nebert ist mit klarer Struktur und Weitblick an die komplexen Themen herangegangen.
Foto: Veolia Deutschland GmbH

Die IT-Abteilung selbst - ein Team aus etwa 60 Mitarbeitern - war funktional organisiert. Die internen Kunden des IT-Teams konnten ihre Anforderungen oft nicht klar formulieren, oder sie setzten die Prioritäten immer wieder neu. Dadurch war über die Jahre ein Rückstau entstanden. Eine Arbeitssituation, die nicht jeder akzeptierte: binnen eines halben Jahres waren fünf Leistungsträger gegangen. In dieser Situation gab Nebert Ende 2017 die Vision aus: "Wir werden zum Treiber von Digitalisierung und Innovation bei BS Energy."

Kundenfokussierung, Agilität, Teamspirit und Selbstorganisation

Sein Optimismus sollte sich auszahlen. Erste Projekte in agilen Arbeitsweisen, Scrum nämlich, waren vielversprechend gelaufen. Nebert schrieb sich eine "fundamentale Neuausrichtung" auf die Agenda. Für diesen Kurs setzte er vier Leitplanken: Kundenfokussierung, Agilität, Teamspirit und Selbstorganisation.

Dazu zählte er Aspekte wie die organisatorische Ausrichtung an den IT-Kunden und die Priorisierung durch IT-Kunden, soweit die Teamkapazitäten das zuließen. Außerdem agile Werte und Prinzipien bei allen Mitarbeitern und Führungskräften sowie neue Arbeitsmethoden. Weiter gehörten ein verändertes Führungsverständnis - Leadership auf allen Ebenen - dazu und eine kontinuierliche Verbesserung durch Ausprobieren und Lernen.

Ein gewaltiger Change, das war Nebert klar. "Deshalb organisierte ich einen ersten Workshop mit IT-Führungskräften und -Mitarbeitern aus jedem Team, in dem es um die Kernfrage ging: "Wie müsste ein IT-Bereich bei uns aussehen, wenn es noch keinen gäbe?'", berichtet er. Im Rückblick hält er seinen eigenen Perfektionsanspruch für problematisch. Eine wichtige "Lesson Learned": "Ich musste also bei mir selbst mit der Veränderung anfangen, wenn die Neugestaltung des IT-Bereichs erfolgreich sein sollte."

  • Jan-Wilm Buschkamp
    Jan-Wilm Buschkamp ist seit August 2019 Bereichsleiter IT der Mainova AG. Seitdem hat das Team um den CIO mit „hybrIT2023“ ein IT-Transformationsprogramm erarbeitet, um den Frankfurter Energieversorger zukunftsfähig zu machen. Ziel des Programms ist es unter anderem, mehr Wert zu generieren, das Unternehmen lean und agil aufzustellen sowie Prozesse end-to-end zu gestalten.
    Foto: Jan-Wilm Buschkamp
  • Thorsten Steiling
    Thorsten Steiling ist seit Februar 2019 CIO Oerlikon Group & Managing Director Oerlikon IT Solutions AG. Er berichtet an Boris von Bieberstein, Head of Group Business Services. Zuvor war Steiling von September 2017 bis Januar 2019 CIO/Head of Corporate IT beim Automobilzulieferer Veritas AG in Gelnhausen.
    Foto: Solarworld
  • Martin Hölz
    Ab 1. April 2020 wird Martin Hölz CIO der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) mit Sitz in Karlsruhe. Er löst Frank Krickel ab, der seit Juni 2017 die Position des Leiter der Funktionaleinheit Informationstechnologie (C-TI) innehatte und das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt.
    Foto: ThyssenKrupp
  • Damian Bunyan
    Damian Bunyan ist seit Januar 2016 CIO der E.ON-Abspaltung Uniper in Düsseldorf. In dem Unternehmen werden die E.ON-Bereiche konventionelle Stromerzeugung, Energiehandel und Exploration & Produktion gebündelt. Von 2006 bis 2013 war Bunyan Mitglied der Geschäftsführung des E.on Business Services.
    Foto: E.ON
  • Matthew Timms
    CIO des Essener Energiekonzerns E.ON ist seit September 2018 Matthew Timms. Timms ist seit August 2016 bereits Chief Digital Officer (CDO) im E.ON-Konzern und übernimmt in seiner neuen Funktion als Chief Digital and Technology Officer die CIO-Rolle zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben als CDO. Darüber hinaus übernimmt Timms – als Vorsitzender der Geschäftsführung – auch die CEO-Rolle der E.ON Business Services GmbH.
    Foto: E.ON
  • Markus Schaal
    Bei der Hamburger Marquard & Bahls AG ist seit Juni 2016 Markus Schaal in der IT-Verantwortung. Zuvor war der Diplom-Kaufmann Head of CIT bei Xella International. Die Marquard & Bahls AG ist ein unabhängiges Unternehmen in den Bereichen Energieversorgung, -handel und -logistik. Zu den Geschäftsfeldern gehören unter anderem Handel, Tanklagerlogistik und Flugzeugbetankung.
    Foto: Marquard & Bahls AG
  • Marcus Schaper
    Marcus Schaper ist CIO bei der neuen RWE-Tochter Innogy. Er kommt von der Mutter RWE. Er war zuvor Head of IT bei der RWE Supply & Trading. Schaper hat an der WWU Münster Wirtschaftsinformatik studiert und war seit dem Jahr 2000 bei McKinsey. Zu RWE kam er im April 2010. Bis zum Börsengang der neuen RWE-Tochter fungierte Schaper als CIO für beide Konzernteile, seitdem ist er CIO der neuen Tochtergesellschaft. Übergreifende IT-Aufgaben in der RWE AG werden derzeit von Winfried Bröring wahrgenommen.
    Foto: RWE
  • Jan Leitermann
    Seit Juni 2017 ist Jan Leitermann Group CIO beim österreichischen Öl- und Erdgaskonzern OMV in Wien. Leitermann war zuvor Managing Director und Board Member beim Beratungsunternehmen Accenture AG Schweiz.
    Foto: OMV
  • Annette Suckert
    Annette Suckert ist seit Juli 2016 neue Leiterin der Stabsstelle IT-Management und Digitalisierung beim kommunalen Energie- und Wassernetzwerk Thüga in München. Die Abteilung wurde neu geschaffen. Sie war zuvor CIO bei der Badenova in Freiburg, einer Beteiligung der Thüga AG sowie Geschäftsführerin der Abrechnungstochter E-MAKS.
    Foto: Thüga
  • Jürgen Skirde
    Jürgen Skirde ist CIO der RAG. Gleichzeitig hat er die operativ ausgerichtete Funktion des IT-Leiters inne. Im Konzern arbeitet der Diplom-Ingenieur schon seit 1985 - zunächst zehn Jahre auf Bergwerken, seither im IT-Management. Unter anderem leitete er SAP-Einführungsprojekte, von 2004 bis 2011 war er für die Infrastruktur verantwortlich.
    Foto: RAG
  • Jan-Hendrik Semkat
    Seit November 2017 ist Jan-Hendrik Semkat neuer Bereichsleiter Innovations- & IT-Management bei Natgas. Der gebürtige Oldenburger war mehrere Jahre in den Bereichen Softwareentwicklung, Projektmanagement und Beratung in der Energiewirtschaft tätig. Zuletzt war er Geschäftsführer der SIV Utility Services.
    Foto: Natgas
  • Jörg Ochs
    Jörg Ochs (51) hat am 2. September die Leitung der Informationstechnologie der Stadtwerke München (SWM) übernommen. Er berichtet an den technischen Geschäftsführer der SWM Helge-Uve Braun. Ochs ist bereits seit 2017 Geschäftsführer der SWM Infrastruktur GmbH, der SWM Infrastruktur Region GmbH und der RegioNetzMünchen GmbH. Insgesamt ist er bei der SWM seit 2003 beschäftigt, unter anderem als Senior-Manager IT-Security, Leiter IT-Security und Datacenter/Infrastruktur und als Leiter Telekommunikation bei der SWM Services GmbH.
    Foto: SWM
  • Philip Lübcke
    Philip Lübcke ist seit September 2019 neuer Geschäftsbereichsleiter IT der TEAG Thüringer Energie. Er berichtet an den Vorstand Personal und IT Wolfgang Rampf. Zuvor war Lübcke sechseinhalb Jahre lang CIO der Frankfurter Mainova AG. Insgesamt brint er 15 Jahre Erfahrung aus der Energiebranche mit.
    Foto: Lübcke

Im Frühjahr 2018 schließlich entstand ein radikaler Ansatz für die neue IT-Organisation. Agil, cross-funktional und entlang der Kundenstruktur sollte sie sein. Jedem Fachbereich von Vertrieb und Kundenservice über die Netz-Gesellschaften bis zu den kaufmännischen Bereichen wurde ein IT-Team zugeordnet. Konkret: die Fachbereiche schicken Product Owner in die IT-Teams, die jede Woche ihre IT-Anforderungen nennen. Eine Idee, die gemeinsam mit den Fachbereichen verfeinert wurde. Die neuen Teams brauchen Knowhow in Sachen Business, Development und Operations Skills.

"Führungskräfte waren zunächst außen vor"

Beim Besetzen der IT-Teams legten die Projektbeteiligten den Schalter um: statt eines hierarchischen Vorgehens entschieden die Mitarbeiter selbst. Es sollte sichergestellt sein, dass alle Kollegen in selbstgewählten Teams für selbstgewählte Kunden arbeiten. "Führungskräfte waren zunächst außen vor. Sie wurden den Teams erst später vorgeschlagen, durch diese gewählt und so legitimiert", erklärt Nebert.

Davon fühlten sich so viele Mitarbeiter elektrisiert, dass statt eines einzigen IT-Pilotteams gleich zwei entstanden, eines für den Vertrieb und eines für Services. Damit waren die beiden größten Bereiche schon abgedeckt. Raumplanung, Umzüge und weiteres organisierten die Teams selbst, Führungsrollen gab es nicht.

Ein Kanban-Coach unterstütze bei der Einführung in neue Arbeitsweisen. Gleichzeitig fanden Schulungen und Retrospektiven statt. Es war zwar nicht geplant, aber Altaufgaben wurden einfach in die agilen Abläufe integriert.

Eindeutig ein Projekt mit Fokus auf Kultur. Trotzdem hat es Implikationen für die Technologie. So zielte Nebert seit seinem Firmeneintritt 2014 auf Cloud Computing ab - lange ein "No go" bei BS Energy. Der IT-Chef wollte aber den Mehrwert von Cloud Services für Business und IT verdeutlichen. Diesen sieht er im Freimachen von IT-Kapazitäten für anspruchsvolle (Business)-Projekte, in der schnelleren Umsetzung von Business-Anforderungen, im Erschließen neuer, selbst nicht betreibbarer Technologien sowie in der besseren Erfüllung steigender IT-Compliance-Anforderungen.

Vor rund zwei Jahren hat er eine Cloud-Strategie entwickelt, die das bisherige Selbstverständnis, IT weitestgehend selbst zu betreiben, hinterfragte. Nach "langjährigen Widerständen", so Nebert, kam die Diskussion ins Fließen. Die Quelle lag in der Abteilung IT-Infrastruktur. Dort war nach Schulungen das Bewusstsein für die Vorteile von Cloud Services entstanden. Konkret: die Anwender hatten gesehen, dass anspruchsvolle IT-Aufgaben im Hause bleiben, interessante Lösungsoptionen entstehen und manche Arbeiten einfacher werden.

Zustimmung zur Cloud-Strategie

Infolgedessen und nach erfolgreichen Proofs of Concept stimmte der Vorstand Mitte 2018 einer Cloud-Strategie mit drei Eckpunkten zu: Cloud First, SaaS vor PaaS vor IaaS und On-premise nur noch in Ausnahmen. Darüber hinaus startete BS Energy Pilotprojekte auf den Feldern Data Analytics, Machine Learning, Blockchain, Process Mining und Robotic Process Automation.

"Der Erfolg der IT-Neuausrichtung wird vielfach sichtbar", resümiert Nebert. Mitarbeiter in der IT wie auch in den Fachbereichen zeigen sich zufrieden. Die durchschnittliche Ticket-Durchlaufzeit sank nach wenigen Monaten von maximal 80 auf fünf Tage. Im Unternehmen arbeiten jetzt zwei IT-Führungskräfte und eine Ebene weniger und der Krankenstand sank von sieben auf vier Prozent. Nebert schließt: "Während der IT-Bereich früher Anlass zur Flucht gab, sind wir inzwischen Anziehungspunkt!"

BS Energy | Neuausrichtung der IT
Branche: Energieversorgung
Use Case: IT-Abteilung attraktiver machen, Digitalisierungstreiber werden
Methoden: agile Methoden Scrum und Kanban
Werkzeuge: Confluence, Trello


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